aufgenommen im Dezember 2023
Loahmmandel“ oder auch vielfach „Loammandel“, je nach örtlichem Dialekt,
bezeichnet, sind aus Naturlehm (Ton) handmodellierten bzw. von Modeln
abgeformte, halbreliefmäßige, gebrannte und bemalte Krippenfiguren. Um 1800
wurden Krippenfiguren nach kirchlichen, heimatlichen und orientalischen Motiven
erstellt von den Taglöhnern der bestehenden Sensen,- Messer, und Nagelschiede in
Heimarbeit modelliert, in der Esse gebrannt und bei den Kirchweihfesten als
Nebeneinkunft verkauft.
Die Loahmmandlfiguren wurden ursprünglich in drei verschieden Größen, 7 cm, 4-5
cm und 3-4 cm, erstellt. Bei einige Figuren (Maria und Josef, Ochs und Esel,
Kraxentrager, Jäger, verschiedene Hirten) gibt es bis zu sieben unterschiedlichen
Größen von ganz klein bis ganz groß. Maria und Josef gehören zu den großen
Figuren der Krippe. Sie sind häufig größer als die Figuren des Umfeldes, auch Ochs
und Esel sind oft kleiner. Wenn es auch keine bindende bzw. überlieferte
Übereinkunft über die Aufstellung der Figuren gibt, kann doch gesagt werden, dass
die größeren Figuren im Vordergrund und die kleineren vom Mittelgrund bis zum
Hintergrund platziert werden sollen. Das gilt auch für die vielen Schafe in den
unterschiedlichsten Stellungen. Manche Figuren kommen in einer Krippe mehrfach
mit divergierender Bemalung bzw. Größe vor, widerspricht keiner volkstümlichen
Krippe.
Zu erwähnen ist noch, dass es auch eine große Anzahl von Häusern,
Häusergruppen, und Stadtelemente mit Türmen, Toren und Fassaden als
Loahmmandlfiguren gibt. Sie lassen durch ihre bunte Dachlandschaft und farbige
Häuserfassade ein eindrucksvolles Bild einer Stadt entstehen.
Bei Farbgebung der Loahmmandlfiguren müssen wird davon ausgehen, dass vor der
Erfindung der chemischen Anilinfarben mit Beginn des 19. JH nur Erdfarben, die aus
Naturprodukten gewonnen wurden, zur Verfügung standen, deren Intensität weit
schwächer waren als die von moderneren leuchtenden Farben. Dem Mischen der
Farben kommt bei der Bemalung der Figuren große Bedeutung zu. Die Farben sollen
leuchten, aber nicht schreien, sie sollen nicht bunt, sondern naturgetreu sein. So
zeichnet auch eine ausgewogene Farbharmonie die alten Krippen aus, bei der keine
Farbe der anderen weh tut. Die Verwendung von Patina lässt Farbtöne gedämpft
erscheinen, ohne ihnen die Leuchtkraft zu nehmen, Vertiefungen bleiben dunkler, die
Krippenfigur bekommt ein älteres Aussehen.
Originalfiguren um 1800:
Hl. Familie (Maria, Josef und Jesusknabe) mit Ochs und Esel;
Engeln (Gloriaengel oberhalb des Stalles mit der Aufschrift „Gloria in excelsis deo“
und der Verkündigungsengel beim Hirtenfeld);
Dreikönigsstern (liegender Stern mit Kometschweif);
Hl. Drei Könige (Melchior mit Gold, Balthasar mit Weihrauch, Caspar mit Myrrhe) mit
ihrem Gefolge auf Pferde, Kamele und Elefanten;
Hirtenfeld (Schafhirten, Schafe und Hund);
Gabenbrinbger (Urberl, Lammpeltrager, Natz mit der Henn, Apfelmagd, Kraxentrager,
Ganseltrager, Wasserbringerin, Brotbringer);
Beruf- und Brauchtumsfiguren (Jäger, Fischer, Rauchfangkehrer, Bäcker, Müller,
Vogelfänger, Eiertrager, Jirgl mit den Weintrauben, Gottscheeber mit der Mütze,
Musikanten und Schalmeibläser, Apfelbrocker, Nachtwächter, Einsiedler, Jubelkarl),
Tiere (Schafe, Kühe, Ziegen, Hund, Hasen, Vögel);
Rund 200 Jahre sind die Original Steyrer Model alt, in denen die Loahmmandlfiguren
für die früheren Kastenkrippen aus der Zeit um 1800 geformt wurden. Die
Halbrelieffiguren wurden bis Ende des 1900 Jahrhunderts verwendet, dann scheinen
sie unmodern geworden zu sein. Die Model zu Krippenfiguren werden schon 1901
unter den lokalhistorischen sammlungswürdigen Beständen des 1895 gegründeten
städtischen Museums in Steyr angeführt. In den Geschäften wurden später die
serienmäßig geschnitzten Grulich-Figuren (geschnitzte Figuren aus dem Erzgebirge,
Deutschland) oder vollplastisch gegossenen Krippenfiguren als Industrieerzeugnis
zum Kauf angeboten.
Nach der Wiederentdeckung der alten Model ab Mitte des 20. JH werden heute die
Loahmmandelfiguren vielfach nachgegossen. Da es sich aber um reine
Sekundärabgüsse aus kopierten Modeln handelt, kann die Beschreibung der alten
Original-Krippenfiguren die Lücke der Tradition schließen und dem Krippenfreund,
der heute seine Krippenfiguren selbst erstellt und bemalt, von Nutzen sein.
Loahmmandelfiguren aus der Zeit um 1800 weisen noch deutliche Konturen und
zeigen Details wie die Finger der Hände, Gesicht, Faltenwurf der Kleidung und
Struktur der Attribute klar erkennen lassen. Später verflachten die Figuren, vermutlich
weil sie nicht mehr aus den Originalmodeln bzw. aus neuerstellten Modeln
abgenommen wurden. Sie erscheinen runder, in den Konturen verschwommen, die
Details sind undeutlich und schwer erkennbar. Dies war aber nicht schlimm, solange
die Bemalung (Fassen von Krippenfiguren) der Figuren, die im Großen und Ganzen
traditionsgebunden war, von Hand zu Hand überliefert wurde. Durch die Bemalung
wurden auch unklare Details wieder sichtbar.
Auf Antrag des Verbandes der Krippenfreunde Österreichs wurde im November 2021 der „Krippenbrauch in Österreich“ als ein österreichweit breit gefasstes Brauchtum in das nationale Verzeichnis der UNESCO des Immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen.
Das Krippenbrauchtum blickt in Österreich auf eine jahrhundertelange Tradition zurück. Es umfasst insbesondere die Aufstellung der Krippen, die Restaurierung alter und die Schaffung neuer Krippen sowie das traditionelle Krippenschauen. Ausgeübt wird es von breiten Bevölkerungsschichten, denen die Krippe ein religiöses, kulturelles, gesellschaftliches oder künstlerisches Anliegen ist.
Im Zentrum jeder Weihnachtskrippe steht der Geburtsstall (Grotte) mit der Hl. Familie, mit Ochs und Esel. Entsprechend der Weihnachtsgeschichte wird diese um die Szenen der Anbetung der Hirten und den Heiligen Dreikönigen ergänzt.
Die Vorbereitung und der Aufbau der Krippe bilden in vielen Familien, Pfarrgemeinden und Vereinen einen gesellschaftlichen Höhepunkt im Jahreskreis, bei dem die regionalen und lokalen Besonderheiten von Generation zu Generation weitergegeben werden. Neben den Familien, Pfarren und Museen sind besonders die zahlreichen Krippenvereine, welche sich der Erhaltung, der Pflege und Neuschöpfung von Krippen verschrieben haben. Diese sind somit Garanten für die Bewahrung der vielfältigen Traditionen um das Krippenbrauchtum. Im Rahmen von Veranstaltungen dieser Vereine sowie zum Abschluss von Krippenbau- und Schnitzkursen werden regelmäßig repräsentative Ausstellungen organisiert, welche einer großen Zahl an Besucherinnen und Besucher Einblicke in die Tradition des österreichischen Krippenwesens geben.
Ein wesentliches Element des Krippenbrauchtums in Österreich ist auch die gelebte Gemeinschaft und der regelmäßige Austausch zwischen den Krippenfreundinnen und –freunden in den lokalen, überregionalen und internationalen Vereinen und Verbänden. Dies kommt im Besonderen auch beim Krippenschauen zum Ausdruck.
Die internationale Bedeutung des Krippenwesens und den Wert der Weihnachtskrippe hat auch Papst Franziskus in seinem apostolischen Schreiben „Admirabile signum“ hervorgehoben. Der Weltkrippenverband UN-FOE-PRAE bemüht sich bereits seit mehreren Jahren um eine Aufnahme in eine internationale UNESCO-Liste. Durch die Aufnahme in unsere nationale Liste kann Österreich dieses Ansinnen bestmöglich unterstützen.
Dank an die Landesverbände und Ortsvereine für die große Unterstützung
„Ein besonderer Dank gilt allen Landesverbänden und Ortsvereinen der Krippenbewegung in Österreich, welche durch Ihre breite Unterstützung einen wesentlichen Beitrag für eine erfolgreiche Aufnahme geleistet haben“, so DDr. Herwig van Staa, Präsident der Krippenfreunde Österreichs.
DARSTELLENDE KÜNSTE in OBERÖSTERREICH, aufgenommen 2018
Das „Steyrer Kripperl“ ist eines der letzten Stabpuppentheater im deutschen Sprachraum und wird bereits seit über hundert Jahren an einem fixen Standort im Innerberger Stadl von etwa 20 Spieler*innen des Vereins Heimatpflege Steyr zur Weihnachtszeit aufgeführt. Mündlich überlieferte Texte in Steyrer Mundart und originelle Stabpuppen, die mit der Hand gespielt werden, sind Teil der Praxis.
Das Steinbacher Kripperl des Schneidermeisters Ignaz Sageder gelangte über dessen Erben in das Gasthaus „Zur Goldenen Sense“ im Steyrdorf, wo es bis 1899 bespielt wurde. 1923 übersiedelte es an seinen heutigen Standort im Innerberger Stadl. Dort werden seither die mündlich überlieferten Szenen und Texte, die trotz traditioneller Verankerung auch zeitgemäß und vielfältig variieren, zur Weihnachtszeit gespielt. Die überlieferten Stabpuppen werden von unten per Hand bewegt. Ebenso werden die „technischen Einrichtungen“ des Steyrer Handwerks und Gewerbes wie etwa Schleifer*in, Hufschmied*in etc. manuell betätigt. Bis heute wird mit Originalpuppen gespielt und Ergänzungen werden nur bei neuen Elementen gemacht.
Die Aufführungen werden in Steyrer Mundart gehalten, die sich in ihrer überlieferten Form z.T. nur im Steyrer Kripperl erhalten hat. Die Erstellung eines Steyrer-Kripperl Wörterbuches, an dem derzeit gearbeitet wird, soll dem Verlust des Wissens rund um die mundartlichen Fachausdrücke zusätzlich entgegenwirken. Der Spielleiter, seit über 60 Jahren Gerhard Nezbeda, ist für den Ablauf sowie die Nachwuchsbetreuung zuständig. Die älteste Spielerin derzeit ist 83 Jahre, der jüngste Spieler 13 Jahre alt. Um das Steyrer Kripperl auch weiterhin unter neuen Zielgruppen und der Jugend bekannt(er) zu machen, wird laufend in Kooperation mit den Ruden in und um Sierning an neuen Vorstellungen gearbeitet, die zeitgemäße Themen beinhalten. Weitere Aktivitäten, wie Führungen zur Vermittlung des Steyrer Kripperls, die Dokumentation durch ein Forschungsprojekt an der Universität Graz u.v.m. sind Teil der bestehenden und geplanten Maßnahmen zur Erhaltung des Steyrer Kripperls.
GESELLSCHAFTLICHE PRAKTIKEN in OBERÖSTERREICH, aufgenommen 2015
Die Landschaftskrippen sind typische Volkskrippen, die die biblische Geschichte von der Geburt Christi in eine lokale Szenerie einbetten. Im Laufe der Zeit entwickelten sich aus Kripper*in die
figurenreichen und oftmals Zimmer füllenden „Landschaftskrippen“. Das alljährliche Aufstellen und der Besuch von hunderten Landschaftskrippen in Privathäusern in der Weihnachtszeit, zeigt die auch heute noch große Bedeutung dieses Brauchs für die Bevölkerung im Salzkammergut.
Nachdem 1782 Kaiser Joseph II. den Kirchen per „Hofdekret“ das Aufstellen der oftmals sehr
prunkvollen Krippen verboten hatte, begannen viele handwerklich Begabte, die Krippenfiguren
nach zu schnitzen und diese bei sich zu Hause aufzustellen. Ungehindert – oder womöglich
aufgrund – der Verbote durch die Habsburger entwickelte sich im Salzkammergut des 19.
Jahrhunderts eine spezifische Form des Krippenwesens. Die Besonderheit der figurenreichen,
überdimensional großen Landschaftskrippen zeigt sich bereits in der mundartlichen
Unterscheidung zwischen Krippen für die kleinen Dreieckskrippen und „Krippö“ für die großen, raumfüllenden Landschaftskrippen. Charakteristisch ist ebenso die Ausgestaltung, die nicht nur die Landschaft des Salzkammergutes darstellt, sondern auch Arbeiten und Leben der Bäuer*innen, Hirt*innen, Salinenarbeiter*innen, Holzarbeiter*innen, Jäger*innen und Wilderer sowie das Almleben im Allgemeinen.
Nicht nur die Kunst des Schnitzens wurde und wird von Generation zu Generation innerhalb der Familien weitergegeben, auch die Gestaltung der zahlreich erhaltenen Landschaftskrippen und das „richtige“ Aufstellen der Krippe und Figuren ist Teil dieses Wissens. Der alljährliche Aufbau der Krippen in Privathäusern findet meist am 8. Dezember (Maria Empfängnis) statt. Die Familien räumen ganze Wohnräume frei, um diese in der Weihnachtszeit von 8. Dezember bis 2. Feber (Maria Lichtmess) ausschließlich für die Krippe und den Besichtigungen durch hausfremde Personen, der sogenannten „Kripperlroas“, zur Verfügung zu stellen.
TRADITIONELLES HANDWERK in OBERÖSTERREICH, aufgenommen 2012
Durch die Zuwanderung von nordböhmischen Spezialist*innen kam die Hinterglasmalerei um 1760 ins Mühlviertel. In der Gemeinde Sandl wurden die Bilder in den umliegenden Glashütten und im Hausgewerbe hergestellt. Charakteristisch für die Sandl-Bilder sind die wenigen, jedoch strahlenden Farben sowie die „Sandler Rose“ zur Ausschmückung der Bildecken. Heute gibt es in Sandl einen hauptberuflichen und mehrere nebenberufliche Hinterglasmaler*innen, die diese Tradition weiterführen.
Bei der Hinterglasmalerei werden – wie der Name sagt – die Farben auf der Rückseite des Bildträgers Schicht um Schicht aufgetragen, wobei zuerst der Vordergrund, dann weiter zurückliegende Bildpartien und schließlich ganzflächig die Grundierung aufgetragen wird. Nachträgliche Korrekturen sind daher nicht mehr möglich. Als Vorlagen dienen Risse auf Papier, deren Konturen nachgezogen werden.
Charakteristisch für Sandl sind Hinterglasbilder mit wenigen, aber strahlenden Farben wie Blau, Ockergelb, Zinnoberrot und Moosgrün sowie sorgfältig aufgetragenes Blattgold. Religiöse Bildinhalte wie stilisierte Heiligendarstellungen, Haussegen und Sprüche wurden mit der Zeit um Berufs-, Tier-, Landschafts- und Jahreszeitenbilder erweitert. In den verrußten Stuben der Landbevölkerung waren die Bilder nicht nur wegen ihrer starken Farbigkeit beliebt – der Weichholzrahmen konnte einfach an die Wand genagelt, und die Glasscheibe problemlos abgewischt werden.
Die Verbreitung billiger Kunstdrucke und das Auflassen der Glashütten ließen die Hinterglasmalerei ab 1940 fast in Vergessenheit geraten. Nach dem 2. Weltkrieg versuchten einige Hinterglasmaler, die Tradition wieder zu beleben. Mittlerweile sind die Maler*innen wieder auf Kunstmärkten vertreten und bieten Kurse an, in denen sie ihr Wissen weitergeben. Sandl selbst verfügt seit 1989 über ein Hinterglasmuseum, dass die Abhaltung wissenschaftlicher Symposien sowie die Veröffentlichung von Publikationen fördert.